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Die neue Hitparade 4 – differenter Schlager-Mix auf RTL 2

Aktualität: 14.06.2011 | Autor: | Kategorie(n): Entertainment-TV-Film-Video, Schlager

Schlager-CD - Die neue Hitparade Nr. 4

Schlager-CD - Die neue Hitparade Nr. 4

Schlager-Misch-Masch. Das Dankenswerteste an „Die neue Hitparade“ – gesendet auf RTL 2 – ist, dass sich überhaupt eine Sendung mit dem deutschen Schlager beschäftigt und dabei versucht, auch junge Leute zu erreichen und zu integrieren. Denn sonst findet der (deutsche Schlager) nur in den Wohnzimmern und Party-Lokationen  statt – oder in Sendungen, die kaum einen Zuschauer unter 60 erreichen; bei Volksmusik-Shows von ARD und ZDF, gleich ob am Samstagabend oder am Sonntagmittag.

Darüber hinaus wird die Misere des deutschen Schlagers überdeutlich! Das dokumentiert sich am Verlauf, respektive dem (Dreh-) Buch der Sendung und an den Platzierungen, die sich an den Halbjahres-Platzierungen von Media Control orientieren, sprich an den Verkaufszahlen.

Der deutsche Schlagerhimmel teilt sich in unterschiedliche Bereiche, die nicht sehr viel miteinander eint (siehe Artikel). Warum sollte das ausgerechnet in einer Fernsehsendung funktionieren? Insofern steht in Frage, ob eine Sendung auf Basis der Verkaufszahlen in einem willkürlich zusammengewürfelten Genre-Mix wirklich funktioniert.

Die Sendung beginnt mit RTL 2 – typischen Studio-Gästen und Platzierungen. DSDS-Sternschuppen, Bäcker-Dynastie-Schwiegertöchter, Big-Brother-Helden. Dazu die passende Musik von Die Atzen zum Beispiel. Dazwischen völlig unpassend Schlager-Urgesteine, wie Bernhard Brink, die niemand auf der Couch und vom temporären Zielpublikum kennt. Einspielfilme machen überdies deutlich, dass das jüngere Publikum auch nur zur Volksweise gewordene Melodien aus 50 Jahren Deutscher Schlager kennt. „Marmor, Stein und Eisen bricht…“ Ein bisschen Spaß muss sein“ – aber natürlich beschränkt sich die Textsicherheit auch nur auf die Refrain-Headlines. News- und Unterhaltungswert weit unterhalb der Grenze zur Belanglosigkeit… Gähn, Schnarch… Uups, fast eingeschlafen…

Dem Publikum angepasst wird jeder platzierte Interpret mit einem Ausschnitt seines Wirkens vorgestellt. Mir bekannte Hits, Grand-Prix-Platzierungen (kennt das Jungvolk inzwischen wieder, seit Lena – die allerdings hat keinen Platz in der Schlager-Hitpararade – warum eigentlich nicht?). Kleine Nachhilfe im jugendtauglichen SMS-Format. Kurz, knackig und wahrscheinlich schnell wieder vergessen.

Dazwischen werden die Studiogäste ausgetauscht, mit Leuten, die eigentlich gar nicht auf diese Couch gehören. Uwe Fahrenkrog zum Beispiel mit Thomas Anders, der hoffentlich für Dieter Bohlen heute noch jeden Tag eine Kerze ins Fenster stellt, denn ohne den säße er nicht hier. Deren (Fahrenkrog und Anders) gemeinsame Leistung besteht bezüglich der Sendung lediglich darin, dass sie sich zusammengetan und wohl geschickte Marketingstrategen engagiert haben. Sonst können sie nicht viel beitragen.

Auch Jürgen Drews ist dabei. Das Cleverle ist immer da, wenn es etwas zu verkünden gibt. Und derzeit hat seine instinktsichere Spürnase wahrgenommen, dass es sich lohnt, jugendliches Feiern mit solider Discofox-Schlagerkunst zu kombinieren. „Ich bau Dir ein Schloß“ funktioniert im Oberbayern genauso, wie auf jeder „ordentlichen“ Fox-Party oder im ZDF-Sommergarten. Dazu hat er noch bei den Pudhys zugegriffen, die ihren Eisbären-Kult-Song nun zum fünften Mal warm aufgießen. Drews goes Ost, Pudhys goes West – dabei wissen die jüngeren Zuschauer nur noch aus Geschichtsbüchern, dass es da mal 2 deutsche Staaten gab – wie früher viele…

Das läppert sich dann so dahin, bis zu den Top Ten. Dann kommen plötzlich Interpreten, die dem bisherigen Publikum wohl nicht viel sagen. Vielleicht haben inzwischen ein paar ältere Semester zugeschaltet? Allerdings werden die, die auch ohne Schlager-Hitparade gut funktionieren, schnell übergangen – auch weil es seit 40 Jahren immer das Gleiche ist und schon damals niemanden vom Hocker gerissen hat. Trotzdem werden Millionen Schallplatten verkauft (Tonträger, CD`s).

Zum Finale nochmal ein Break, ein Bruch, der durch eine Werbepause auch prominent unterstrichen wird.

Es krönen das Defilee die Schlager-Prinzessin und die Schlager-Königin, die alles überstrahlen und in deren Licht sich all die sonnen, die bisher die Plätze belegt haben, verdanken sie ihnen doch ein Stück des zu verzeichnenden Aufschwungs: Ihre Hoheit Helene Fischer und Ihre Majestät Andrea Berg.

Einzig Ihnen gelingt es überzeugend, Jung und Alt zu verbinden! Nur, wer den Schlager aus ideologischen Gründen ablehnt, findet die Beiden nicht toll.

In Ihnen dokumentiert sich, was die Sendung – vielleicht, will man Gutes unterstellen – erreichen will: Den Schlager befördern, ihm eine Plattform geben, Grenzen überwinden, Gemeinschaftliches schaffen, Generationen vereinen.

Die Neue Hitparade Nr. 4 war besser, als die Vorgänger, die mehr wie ein kalter Aufguss eines ausgesuchten Produzentenklüngels wirkten und komische Votings parat hielten, für die sich nicht wirklich jemand interessierte.

Ob das Konzept taugt und trägt, bleibt freilich abzuwarten. Ein paar Ecken und Kanten müssen sich wohl noch abschleifen. Die Chance mag ich der Sendung gern geben!

Allerdings scheint mir der Spagat zwischen Nic und DJ Ötzi, Tim Toupet und Jürgen Drews, Münchener Freiheit und Bernhard Brink, Semino Rossi und Roger Witthaker, Udo Jürgens, Roland Kaiser und Andrea Berg doch etwas zu anstrengend, um ihn immer wieder erfolgreich wiederholen zu können… Zudem verweigert sich „die Schlagerbrache“ auch noch einigen modernen Rezeptionsmethoden. Doch dazu später einmal mehr!

Gern und immer wiederpropagiere ich den Mut zu Lücke, animiere zur Kunst des Weglassens. Weniger ist manchmal mehr…

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